Freitag, 25. Januar 2013
Nur nicht abheben...
ihrjournalist, 12:47h
Fastnacht, Karneval – so ganz einig sind sich die Experten nicht, wo die genauen Ursprünge für diese „Jahreszeit“ und im Besonderen für die verschiedenen Bräuche stammen.
Die zur Zeit vorherrschende Meinung geht davon aus, dass, obwohl die Fastnachtsbräuche und Hintergründe – wie etwa Vertreibung des Winters und sogar als Vor-Fastenzeit - schon im Altertum bei Griechen, Römern, Germanen und Kelten und im Mittelalter zum jährlichen Zyklus gehörten, die Fastnacht wie wir sie heute kennen auf den Beginn des 19 Jahrhunderts zurückgeht. Die zeitliche Lücke, die durch die Reformation und vorher zwischen Altertum und Mittelalter entstanden ist, scheint den Historikern einfach zu groß, als dass man eine Übernahme alter Bräuche begründen könnte.
Trotzdem gibt es verblüffende Übereinstimmungen. Am wichtigsten scheint die Tradition, die bestehenden Herrschaftsverhältnisse für die Fastnachtszeit umzukehren und die Obrigkeit mit ironischer Kritik zu überschütten.
Bei den Babyloniern etwa war es schon Brauch, dass Sklaven in dieser Zeit ihren Herrinen und Herren gleichgestellt waren. Ähnliches gab es bei den Griechen und den Römern, wo dann teilweise sogar die Herren ihre Sklaven bedienten. Diese Art eines Gleichheitsprinzips hat sich durch das Mittelalter bis heute erhalten. Interessanterweise gab es in der Kirche eine Zeit lang am 6. Januar, dem Epiphaniastag den Brauch, dass die Angehörigen des niedrigeren Klerus vorübergehend den Rang und die Privilegien der höheren Geistlichkeit mit diesen tauschten. Dabei wurden auch kirchliche Rituale parodiert. Hier zeigte sich dann schon ein über das Gleichheitsprinzip hinausgehendes Element der ironischen Kritik. Anlass für diese erlaubte „Ausschweifung“ war wohl die anstehende schwere Fastenzeit. Auch für das einfache Volk boten diese entstehenden Bräuche ein Ventil. Ungestraft durfte man die geistliche und weltliche Obrigkeit kritisieren. Am Aschermittwoch war aber – wie es so treffend heißt – alles vorbei. Wobei zu dieser Zeit die Fastnacht mit Einbruch der Dunkelheit am Dienstag endete, den nach alter christlicher und jüdischer Lesart beginnt der neue Tag mit der vorangehenden Nacht, also nach der Dämmerung.
Manchmal ging es dann aber doch zu weit mit den Ausschweifungen, die wohl in jedem Jahr mehr ausuferten. So verbot der Rat der Stadt Köln – heute eine der Hochburgen der Fastnacht – mehrfach im 15. und im 17. Jahrhundert das allzu närrische Treiben. Denn durch die Masken war das Volk so enthemmt, dass quasi die ganze Stadt sich in einem Orgienrausch befand.
Die Kritik an der Obrigkeit ist auch heute noch ein starkes Element der Fastnacht. Jedoch würde man sich manchmal wünschen, dass auch im Rest des Jahres die Hörigkeit gegenüber „Autoritäten“ nicht ganz so ausgeprägt wäre.
Würde uns jemand erzählen, in Italien würde man Milliarden um Milliarden in einem Flughafenbau versenken und dass dieser Bau erst in nicht absehbarer Zeit fertig würde und dass darüber hinaus die gröbsten und dümmsten Fehler gemacht wurden, wir würden verächtlich die Mundwinkel hochziehen und Worte fallen lassen wie „typisch“, „Mafia“, Korruption“ und „verbrecherische Politiker“. Und wir würden in der Zeitung lesen, wie die Italiener auf die Straße gehen und es sich nicht gefallen lassen.
Das Dumme ist nur, es ist in Deutschland passiert. Und außer ein paar gesitteten und netten Fragen bei Jauch, Maischberger und Konsorten, passiert hier nicht die geringste Aufregung. Niemand geht auf die Straße, niemand fragt, wer daran verdient. Politiker sitzen es aus und wir nehmen es hin. Kein Sturm der Entrüstung, der die Allianz der Unfähigen aus dem Amt fegt. Statt dessen schlucken wir Entschuldigungen und fadenscheinige Ausreden, um danach Menschen, die bewiesen haben, dass sie es eben nicht können, weiter regieren zu lassen.
Nicht nur an Fastnacht sollte man solche Missstände kritisieren. Denn der wahre Missstand ist nicht, dass solche Dinge passieren, sondern dass wir sie relativ leicht einfach so hinnehmen.
Vielleicht sollten die Narren die Herrschaft nicht nur bis Aschermittwoch übernehmen. Denn was den Flughafen Berlin-Brandenburg angeht, kann man es gar nicht schlechter machen, als es bisher gelaufen ist.
Vielleicht ist aber auch alles nur so schlimm geworden, weil wir in Wirklichkeit von Narren regiert werden und wir nur der Klügere sind, der schon längst nachgegeben hat...oder aufgegeben?
Solange wir bereit sind, Milliarden an Steuergeldern weiterhin im brandenburgischen Sand zu versenken, mit denen man zum Beispiel die in unserem Land noch benötigten Kindertagesstättenplätze finanzieren könnte, wird man uns nicht ernst nehmen.
Und dann werden wir nicht nur an Fastnacht zum Narren gemacht. Andreas Lauer
Die zur Zeit vorherrschende Meinung geht davon aus, dass, obwohl die Fastnachtsbräuche und Hintergründe – wie etwa Vertreibung des Winters und sogar als Vor-Fastenzeit - schon im Altertum bei Griechen, Römern, Germanen und Kelten und im Mittelalter zum jährlichen Zyklus gehörten, die Fastnacht wie wir sie heute kennen auf den Beginn des 19 Jahrhunderts zurückgeht. Die zeitliche Lücke, die durch die Reformation und vorher zwischen Altertum und Mittelalter entstanden ist, scheint den Historikern einfach zu groß, als dass man eine Übernahme alter Bräuche begründen könnte.
Trotzdem gibt es verblüffende Übereinstimmungen. Am wichtigsten scheint die Tradition, die bestehenden Herrschaftsverhältnisse für die Fastnachtszeit umzukehren und die Obrigkeit mit ironischer Kritik zu überschütten.
Bei den Babyloniern etwa war es schon Brauch, dass Sklaven in dieser Zeit ihren Herrinen und Herren gleichgestellt waren. Ähnliches gab es bei den Griechen und den Römern, wo dann teilweise sogar die Herren ihre Sklaven bedienten. Diese Art eines Gleichheitsprinzips hat sich durch das Mittelalter bis heute erhalten. Interessanterweise gab es in der Kirche eine Zeit lang am 6. Januar, dem Epiphaniastag den Brauch, dass die Angehörigen des niedrigeren Klerus vorübergehend den Rang und die Privilegien der höheren Geistlichkeit mit diesen tauschten. Dabei wurden auch kirchliche Rituale parodiert. Hier zeigte sich dann schon ein über das Gleichheitsprinzip hinausgehendes Element der ironischen Kritik. Anlass für diese erlaubte „Ausschweifung“ war wohl die anstehende schwere Fastenzeit. Auch für das einfache Volk boten diese entstehenden Bräuche ein Ventil. Ungestraft durfte man die geistliche und weltliche Obrigkeit kritisieren. Am Aschermittwoch war aber – wie es so treffend heißt – alles vorbei. Wobei zu dieser Zeit die Fastnacht mit Einbruch der Dunkelheit am Dienstag endete, den nach alter christlicher und jüdischer Lesart beginnt der neue Tag mit der vorangehenden Nacht, also nach der Dämmerung.
Manchmal ging es dann aber doch zu weit mit den Ausschweifungen, die wohl in jedem Jahr mehr ausuferten. So verbot der Rat der Stadt Köln – heute eine der Hochburgen der Fastnacht – mehrfach im 15. und im 17. Jahrhundert das allzu närrische Treiben. Denn durch die Masken war das Volk so enthemmt, dass quasi die ganze Stadt sich in einem Orgienrausch befand.
Die Kritik an der Obrigkeit ist auch heute noch ein starkes Element der Fastnacht. Jedoch würde man sich manchmal wünschen, dass auch im Rest des Jahres die Hörigkeit gegenüber „Autoritäten“ nicht ganz so ausgeprägt wäre.
Würde uns jemand erzählen, in Italien würde man Milliarden um Milliarden in einem Flughafenbau versenken und dass dieser Bau erst in nicht absehbarer Zeit fertig würde und dass darüber hinaus die gröbsten und dümmsten Fehler gemacht wurden, wir würden verächtlich die Mundwinkel hochziehen und Worte fallen lassen wie „typisch“, „Mafia“, Korruption“ und „verbrecherische Politiker“. Und wir würden in der Zeitung lesen, wie die Italiener auf die Straße gehen und es sich nicht gefallen lassen.
Das Dumme ist nur, es ist in Deutschland passiert. Und außer ein paar gesitteten und netten Fragen bei Jauch, Maischberger und Konsorten, passiert hier nicht die geringste Aufregung. Niemand geht auf die Straße, niemand fragt, wer daran verdient. Politiker sitzen es aus und wir nehmen es hin. Kein Sturm der Entrüstung, der die Allianz der Unfähigen aus dem Amt fegt. Statt dessen schlucken wir Entschuldigungen und fadenscheinige Ausreden, um danach Menschen, die bewiesen haben, dass sie es eben nicht können, weiter regieren zu lassen.
Nicht nur an Fastnacht sollte man solche Missstände kritisieren. Denn der wahre Missstand ist nicht, dass solche Dinge passieren, sondern dass wir sie relativ leicht einfach so hinnehmen.
Vielleicht sollten die Narren die Herrschaft nicht nur bis Aschermittwoch übernehmen. Denn was den Flughafen Berlin-Brandenburg angeht, kann man es gar nicht schlechter machen, als es bisher gelaufen ist.
Vielleicht ist aber auch alles nur so schlimm geworden, weil wir in Wirklichkeit von Narren regiert werden und wir nur der Klügere sind, der schon längst nachgegeben hat...oder aufgegeben?
Solange wir bereit sind, Milliarden an Steuergeldern weiterhin im brandenburgischen Sand zu versenken, mit denen man zum Beispiel die in unserem Land noch benötigten Kindertagesstättenplätze finanzieren könnte, wird man uns nicht ernst nehmen.
Und dann werden wir nicht nur an Fastnacht zum Narren gemacht. Andreas Lauer
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