Montag, 25. Februar 2013
Nichts Falsches (verb)reiten...
„Ich habe ein wunderbares Pferd, es hat die Leichtigkeit des Windes und des Feuers Hitze, aber wenn sein Reiter es besteigt, ist seine Sanftmut nichts als die Ruhe vor dem Ausbruch des Sturmes.“ Dieses Zitat aus Heinrich VIII. von William Shakespeare zeigt, wie der Mensch zum Pferd steht. Im arabischen Kulturkreis und im Koran sind die Beschreibungen für diesen Begleiter der Menschheit sogar noch poetischer und blumiger. So schuf Allah der Legende nach das Pferd aus dem Südwind und gab ihm eine besondere Stellung unter all den Lasttieren.
Westliche Geschäftemacher der betrügerischen Sorte – ich will da jetzt nicht alle beteiligten Branchen aufzählen, aber sie haben alle mit Geld zu tun – haben für solcherlei Sentimentalitäten nichts übrig. Da sie selbst ihre Mitmenschen als auszubeutendes Vieh betrachten, was zählt da schon ein Pferd, ein Rind oder gar ein Schwein. Um Geld zu machen ist eben jedes Mittel Recht.
Nun geht es eigentlich ja nicht wirklich um Pferdefleisch. Das war schließlich auch schon immer und in vielen Kulturen durchaus zum Verzehr gedacht. Auch in unserem Lande ist dies nicht unbekannt. Der original Rheinische Sauerbraten ist zum Beispiel nur original, wenn er aus Pferdefleisch besteht. Hinzu kommt, dass Pferdefleisch nachweislich sehr gesund und bekömmlich ist, fettarm und zart und außerdem schmackhaft. Auch wenn wir das heute nicht mehr so wahrnehmen, weil das Pferd zu einem Freizeitkumpel geworden ist und im Herzen der Menschen einen ähnlichen Stellenwert einnimmt wie Hunde oder Katzen. Und würden sie nicht so viel Platz auf der Couch wegnehmen, hätten sie sicher den gleichen Stellenwert. Zurück zum Fleisch. So weit weg ist der Gedanke, Pferd zu essen, nicht. Schließlich betrachten wir zum Beispiel die Salami vom Fleisch des kleinen Stiefbruders des Pferdes, dem Esel, als Delikatesse, wenn wir sie teuer als italienischen oder französischen Import kaufen.
Wie gesagt, es geht nicht um das Fleisch, es geht um Betrüger. Betrüger sind all jene, die an einem Betrug verdienen. Betrug ist nicht, Pferdefleisch zu verkaufen. Betrug ist, Pferdefleisch als Rind zu verkaufen. Gemeiner und gefährlicher Betrug ist es, schwer mit Medikamenten belastetes Pferdefleisch als Rind zu verkaufen.
Da wir daran gewöhnt sind, tagtäglich mit Lügen zu leben – so versprechen uns Politiker, Banken, Versicherungen und Konzerne Dinge, die sie niemals halten können und auch nicht vorhaben zu halten -, wissen und akzeptieren wir das, weil wir es angenehmer finden, einer schönen Lüge zu glauben, als der Wahrheit in ihr oftmals nicht ganz so hübsches Gesicht zu schauen. Eine Grenze ist aber erreicht, wenn nur noch Ausbeutung und Beutelschneiderei hinter dem Betrug steht und gar nichts Gutes mehr dahintersteckt, was wir den oben Genannten durchaus noch zusprechen. Diese Grenze haben die Fleischbetrüger jedoch überschritten. Begünstigt von unserem System der Gier, vorgelebt von unseren „Eliten“ kommen uns allen langsam sämtliche moralischen Werte und der gesunde Blick für Zusammenhänge soweit abhanden, dass manche Menschen ins Extreme abrutschen und alles für gerechtfertigt halten, solange man nicht erwischt wird. Und selbst dann fehlt jegliches Bewusstsein für das begangene Unrecht. Wir kennen das doch von uns selbst. Wir fahren zu schnell in der Tempo-30-Zone und wenn wir erwischt werden diskutieren wir über deren Sinn oder Unsinn, statt zu erkennen, dass wir eine Regel gebrochen haben. Das würde bedeuten, dass wir Regeln immer dann brechen dürfen, wenn wir sie persönlich für unsinnig halten. Wo das hinführt, ist klar.
Hinzu kommt, dass wir ständig alles günstiger wollen und uns gar nicht mehr fragen, wo die niedrigen Preise herkommen. Unter niedrigen Preisen hat immer mindestens einer zu leiden. Im Falle von mit Medikamenten verseuchtem Pferdefleisch ist es der Verbraucher, in vielen Fällen sind es andere, die leiden müssen. Ein bisschen Gier und mangelndes Rechtsempfinden sowie eine gestörte Wahrnehmung der Angemessenheit steckt also in jedem von uns. Wir müssen eigentlich nur diesen Weg als nicht sozial erkennen und jeder für sich könnte sich dann dagegen entscheiden. Es würde unser aller Leben vereinfachen. Andreas Lauer

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